Wenn die Nerven blank liegen...
Das unerwartete Erbrechen:
Seine Gesichtsfarbe ändert sich binnen weniger Sekunden von einem hellen Teint (und 3 knallroten Stichen) zu einem kreideweiß. Selbst die Stiche verlieren urplötzlich ihre Farbe. Die Mundwinkel hängen schlaff herab, die Augen blicken schräg gegen die Decke. Er wird doch nicht....! Aber es ist wie bei unseren Katern. Die fangen auch plötzlich an laut zu schlecken, das Maul zu verziehen als ob sie eben ein halbes Rind verschlungen hätten, dann deuten sie die Sitzhaltung an - setzen sich aber nicht - und dann beginnt sich das gesamte Tier vom Schwanz angefangen bis in die Schnurrbarthaare in wellenartige Bewegungen zu versetzen. Bis: splatsch! - Samu erbricht.
Kein Halten für Papa:
"Halt an, halt an!", rufe ich verzweifelt aber Papa Rolf fährt unbeeindruckt weiter. "Wie denn? Ich bin hier auf der Autobahn. Ich nehme die nächste Ausfahrt", sagt er... und fährt daran vorbei. Er spürt meinen bohrenden Blick im Nacken. "Die war nicht gut", rechtfertigt er sich." Gut? Das Einzige was hier gerade nicht gut ist sitzt neben mir und übergibt sich!
Als unser Zwerg gequält und völlig fertig zu weinen anfängt und Papa immer noch entspannt eine "gute" Ausfahrt sucht platzt mir der Kragen: "Halt doch endlich verdammt noch mal an!" "Gleich kommt bestimmt etwas", beruhigt er. Doch es kommt nichts. Neben mir schwimmen Apfelstückchen im rotgefärbten Traubensaft-Schorle und der Zwerg auf dessen Schoß die Suppe hin- und herschwabbt schaut - wie ich - immer verzweifelter drein.
Als Papa an der nächsten Ausfahrt wieder vorbeidüsen will explodiere ich: "Fahr da raus und halt verdammt nochmal an." Wider erwarten reisst er den Lenker im letzten Moment rum und bremst am Ende der Einfädel-Spur auf die abzweigende Straße.
Zoff am Fahrbahnrand:
Da stehen wir und die Auto brausen an uns vorbei. "Und jetzt?", ertönt es vom Fahrersitz. Ich traue meinen Ohren nicht. Die Frage kann nur ein Mann stellen. "Wie wäre es mit frischen Klamotten", entgegne ich spitzig und es kommt die Frage zurück die kommen muss: "Wo sind die?" Ich schlage imaginär die Hände vor das Gesicht und schüttle den Kopf. Ernsthaft??? Wir sind seit fast drei Wochen unterwegs, wo sind wohl die Kleider für den Kleinen?! Ich antworte nicht und atme einmal tief durch. Nachdem sich nichts tut hake ich nach: "Wird das heute noch etwas?" Der Mann bewegt sich langsam zum Kofferraum und beginnt zu suchen. Und wenn Männer suchen kann das dauern...
Irgendwann schafft es der Papa tatsächlich etwas zum Anziehen zu bringen. "Großartig", lobe ich ihn und ernte böse Blicke. Ja, die Stimmung ist ehrlich gesagt gerade am Null-Punkt. Der Tag war bisher lang. Erst die unerwarteten Schwierigkeiten bei der 4x4-Strecke im Hluhuwe-Imfolozi, dann diese Fahrt und das spukende Kind und jetzt stehen wir am Straßenrand. Und Hunger habe wir auch alle.
Wir ziehen den Zwerg um, putzen, räumen auf und überlegen wie es weitergehen soll. Der Kleine ist kreidebleich und noch gut 1,5 Stunden Fahrt liegen vor uns. Hunger haben wir. Außerdem brettern die Fahrzeug an uns vorbei. Kein guter Platz die Pause fortzuführen und somit rollt unsere mies gelaunte Truppe schlussendlich weiter. Zurück auf die Autobahn. Papas blick ist stur auf die Straße gerichtet. Der einzige Unterschied: Samu darf nun (mit Autositz) vorne sitzen und geniest das. Mama schmollt auf dem Rücksitz.
Das Schicksal meint es wenigstens gut mit uns. Wie eine Fata Morgana mitten in der Wüste erscheint plötzlich eine Autobahnraststätte: Essen! Pause! Durchatmen! Unsere Laune hellt sich wieder auf. Samu bekommt beim Wort Essen seine Gesichtsfarbe fast so schnell wieder zurück wie er sie verloren hatte. Den Stopp haben wir uns alle verdient. Es gibt sogar einen kleinen Indoor-Spielplatz wo der Zwerg sich austoben kann.
Plötzliche Wetterwechsel:
Nach ein paar Happen und einem Milchshake sind wir alle wieder glücklich, der Ärger von eben verflogen und wir machen schon erste Späße über die Situation. Ja, zugegeben unsere Stimmungswechsel können auf Reisen manchmal eben so schnell wechseln wie das Wetter in den Bergen. Wenn wir uns mal "zoffen", dann kurz und richtig. Und dann ist wieder alles gut.
Die letzten 100 Kilometer sind daher eine Klacks für uns. Samu darf weiterhin vorne sitzen, ich hinten. Wir hören Musik, lachen und kommen - als ob der Tag sowas von entspannt war - schließlich glücklich und zufrieden in unserem Haus in Umdloti an. Und ganz ehrlich bei solch einem Ausblick da kann man doch auch nur glücklich sein, oder?
Kommentar schreiben
Ina (Dienstag, 10 April 2018 18:37)
Ich finds ja lustig das euch das so aus dem Konzept gebracht hat ;-). Ihr die Regel nach spätestens 1 Stunde, manchmal schon einer halben Stunde wird hier gespuckt, Ersatzsachen, ja im Winter auch immer Ersatzjacke sind immer schon griffbereit und die Plätze an denen wir halten können sind auch wohl bekannt. Und das ist im Prinzip schon Kind Nr. 3 von 4 dem im Auto immer schlecht wird, allerdings ist die Kleinste jetzt wirklich am Schlimmsten dran. Bei Kind Nr.2 und Nr.3 hat es sich verwachsenen und ist nicht mehr so schlimm, deshalb fahren wir in den Urlaub meist mit dem Zug, den auch Flugzeug fliegen wird oft nicht vertragen.
So eine Pause tut in solchen Stress Situationen aber immer gut und für diesen Ausblick hat es sich gelohnt.
Lg aus Norwegen
Ina
www.mitkindimrucksack.de
Kind im Gepäck (Mittwoch, 11 April 2018 11:37)
Hallo Ina,
oh das hört sich im wahrsten Sinne des Wortes "übel" an. Bei mir war es als Kind auch schlimm, zum Glück ist es bei Samu nicht so schlimm. Aus dem Konzept gebracht ist gut, ich habe einfach nicht verstanden das Papa immer weiter fährt während ich mit heulendem, vollgekotztem Kind gekämpft habe ;-) Aber wir bekommen uns ja schnell wieder ein.
Danke und Grüße in den Norden!