Corona, Lungenkrebs und Breaking Bad - meine persönliche Reise

Mein "Breaking Bad" Schicksal

Breaking Bad und ich haben mehr gemeinsam als ich mir anfangs je zu Träumen gewagt hätte. Wir teilen ein Schicksal: Lungenkrebs. Auch wenn Breaking Bad nur eine Serie ist, es ist eine ganz besonderere für mich geworden. Denn er beschreibt etwas, was sich sicherlich viele Außenstehende nicht vorstellen können. Er beschreibt einen Teil eines Lebenswegs. Den plötzlich absurden Lebensweg eines Krebskranken...

 

Albuquerque: wo alles begann...

Albuquerque stand nie auf der Liste von Orten, welche wir in den USA unbedingt besuchen wollen. So war es 2019 eher ein Zufall, dass wir hier landeten. Oder vielleicht war es sogar Schicksal?

 

Wir hatten es jedenfalls nicht geplant. Der sechswöchige Roadtrip sollte so spontan und flexibel wie möglich sein. Wir starteten in Texas und arbeiteten uns immer weiter ins westlichste Eck des Bundesstaates vor, bis nach El Paso. Da ich unbedingt das White Sands National Monument sehen wollte und wir uns bereits kurz zuvor entschlossen hatten auch nach Las Vegas zu fahren, lag Albuquerque eben auf der Strecke. 

 

So fuhren wir gänzlich ohne Erwartungen in die größte Stadt New Mexicos. ABQ, wie es kurz genannt wird, liegt auf rund 1600 Metern Höhe und die gesamte Region hat rund 1 Million Einwohner.

Wir schlendern durch die Altstadt von Albuquerque entlang der Lehmgebäude.
Wir schlendern durch die Altstadt von Albuquerque entlang der Lehmgebäude.

Gleich am ersten Tag erkundeten wir die geschichtsträchtige Altstadt, gegründet 1706 als spanische Kolonie. Die Lehmgebäude im Adobe Stil waren auffallend, doch noch etwas anderes fiel uns auf. Egal wo wir hinschauten, welchen Shop wir auch betraten: "Breaking Bad" hier, "Breaking Bad" da. Überall wurden Touren, T-Shirts, Souvenirs und sonstiger Schnickschnack von "Breaking Bad" angeboten. 

 

Ich war ein wenig genervt. What the fuck ist "Breaking Bad"? Mein Mann googelte und berichtete. Doch erst einmal änderte es nichts an unserer Meinung. War waren genervt und wurden nicht wirklich warm mit Albuquerque. Vorerst...

Breaking Bad - der Film:

Für alle, denen es wie mir damals ergeht, die keine Ahnung von der Serie haben, kurz erklärt. Der Chemielehrer und Familienvater Walter White erkrankt an Lungenkrebs. Daraufhin gerät er auf die schiefe Bahn und macht sein Geld mit Drogengeschäften. Er wird schnell zu einer großen Nummer im Drogenhandel und sein Leben nimmt einen ganz neuen Lauf.

 

Die Serie gewann übrigens zwei Golden Globes, zahlreiche Emmys und wurde mehrfach zur besten Fernsehserie der Welt ausgezeichnet.

 

Nach dem USA-Roadtrip...

Als wir wieder zu Hause sind überredet mich mein Mann (im Dezember 2019) die Serie "Breaking Bad" zu schauen. Ich habe Zweifel, stimme aber zu. Ein wenig in Erinnerungen vom Roadtrip schwelgen... warum nicht. Schließlich sind auch El Paso und Texas Schauplatz der Serie.

 

Nach wenigen Folgen zieht mich die Serie voll in ihren Bann. Ich glaube ich kann Walter White verstehen. Wenn du den Tod sozusagen vor Augen hast, warum nicht mal was total Irres machen?! Und je mehr Folgen wir schauen, umso besser kann ich den Familienvater wirklich verstehen und fiebere mit ihm mit. Auch unseren Freunden schwärme ich von "Breaking Bad" vor und bin mir sicher: "Wenn ich das erleben würde, ich wäre mit Walter White dabei! Warum nicht?!"

 

Meine Lungentumor - Diagnose:

Im März 2020 werde ich krank. Zu diesem Zeitpunkt befinde ich mich in Washington D.C. und die Covid19-Pandemie nimmt ihren Lauf. Mir geht es sehr schlecht. Trotz Fieber und Husten steige ich aber (ein wenig wider Willen - in den zum Glück ziemlich - leeren Flieger. Fünf Tage später schließen die USA die Grenzen. Ich liege flach, habe eine Lungenentzündung. Vielleicht sei erwähnt, dass ich bereits kurz nachdem wir Albuquerque verlassen hatten ebenfalls sehr krank wurde. Auch da plagten mich Fieber und Husten und wir mussten eine "Pause" einlegen. 

Jedenfalls wurde ich die Lungenentzündung im März nicht mehr los. Manchmal ging es mir zwar etwas besser, doch alles in allem blieb es schlecht. Im April, kurz vor Ostern (also über 4 Wochen später), ging ich ins Krankenhaus, weil die Antibiotika einfach nicht wirkten und ein langes Wochenende bevor stand. Unter Tränen flehte ich die Ärzte an mich bloß schnell wieder zu entlassen, außer es sei etwas wirklich Schlimmes. Das war ein Donnerstagabend.

 

Freitagmittag zeigte sich mir der Oberarzt und erklärte er wolle am Samstag eine Bronchoskopie machen, vermutlich hätte sich ein Essensrest in meine Lunge verirrt. Er habe da auf dem CT etwas gesehen. Er war fröhlich und zuversichtlich. Samstagnachmittag, nach der Bronchoskopie, kam er mit finsterem Blick in mein Zimmer. Er atmete tief durch und berichtete von seinem Fund: einem Tumor.

 

Im ersten Moment hatte ich den Eindruck er war betrübter als ich.

 

Ich möchte an dieser Stelle nicht zu weit "abschweifen". Natürlich dachte ich nicht sofort an Walter White. Um ehrlich zu sein, Wochen ja Monate vergingen ohne intensive Erinnerung an die Serie. Da ich lange Zeit im Krankenhaus war, konnten wir ja nicht weiterschauen...

 


Mein "Breaking Bad" - Erlebnis:

Aber dann ging es weiter. Wie bereits erwähnt hatte uns ABQ nicht umgehauen. Wir sind an vielen Drehorten vorbeigefahren, ohne zu wissen, was hier gedreht wurde. Und das uns, oder zumindest mich, das noch irgendwie einholen wird.

 

Als wir "Breaking Bad" weiterschauten, ist alles anders. Ich schaute die Serie mit einem ganz anderen Gefühl und anderen Augen. Ich kann schwer beschreiben warum und was genau jetzt anders war. Aber es war anders! Und obwohl ich es eigentlich nicht mag Filme mehrmals zu sehen, ich überlege ernsthaft auch den Anfang noch einmal zu gucken.

Ich trage das Gefühl in mir, noch einmal dorthin zurückkehren zu müssen. Noch immer hat mich die Stadt nicht überzeugt, aber "Breaking Bad". Diese irre Geschichte. Dieser Walter White. Der Familienvater, der das alles zunächst nur für seine Familie macht. Das kann ich mehr als nachvollziehen. Auch mein erster Gedanke richtete sich an meinen Sohn. Er ist doch noch zu jung um ohne Mama aufzuwachsen.

 

Auch wenn es ein Film ist, unsere Lungenkrebs-Arten komplett unterschiedlich und nicht vergleichbar sind, es "schweißt zusammen". 

 

Übrigens, obwohl ich zuvor großartig getönt hatte, bei solch einer Diagnose ebenfalls ins Drogengeschäft einzusteigen... - das habe ich bis heute nicht verwirklicht. Und werde es wohl auch nicht. Aber: sag niemals nie ;-)

Wir wissen alle nie was kommt....

 

Anmerkung/Information: 

Lungenkrebs gehört zu den häufigsten bösartigen Erkrankungen und Todesursachen hierzulande. Das Bronchialkarzinom, wie es in der Fachsprache heißt, wird in nicht-kleinzelligen und kleinzelligen Lungenkrebs unterschieden. Es gibt viele unterschiedliche Unterarten und Stadien. All das spielt eine bedeutende Rolle in der Behandlung und für den weiteren Verlauf. So unterscheiden sich auch die Lungenkrebs-Arten von Walter White und mir. Mein Tumor konnte operativ mit einem Großteil meines rechten Lungenflügels entfernt werden ohne, dass sich zuvor Metastasen bildeten.


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Kommentare: 6
  • #1

    Anne (Montag, 16 November 2020 21:05)

    Ich folge schon länger deinen Berichten. Die Serie habe ich nie geschaut, doch deine Erzählung haben mich neugierig gemacht. Warst du bis März in USA?Oder Wieder? Ich drücke alle Daumen , Pass auf dich auf , liebe Grüße Anne

  • #2

    Kind im Gepäck (Montag, 16 November 2020 21:56)

    Hallo Anne,

    ich war Ende Februar nach Virginia gereist und in Washington D.C. Also wieder dort. November 2019 war es nach der langen Reise nach Hause gegangen.
    Es ist etwas absurd, wenn ich nun zurück blicke, da ich im März, eben wegen der Erkrankung, überhaupt nicht heim wollte.... Ich war so kaputt, aber mein Mann blieb hart ;)

  • #3

    Sabiene (Dienstag, 17 November 2020 19:21)

    Das ist ja nun mal echt heftig! Hättet ihr keinen alten Knutschfilm wie "Love Story" oder von mir aus "Mrs. Maisel" gucken können? ;-)
    Ich hoffe wirklich sehr, dass es dir bald wieder gut geht und vor allen Dingen, dass das dann auch so bleibt.
    LG
    Sabiene

  • #4

    Kind im Gepäck (Dienstag, 17 November 2020 20:05)

    Liebe Sabiene,

    ja, es sollte wohl so sein. Mir geht es schon wieder echt gut und mein Leben läuft schon fast wieder zu normal. Ich wurde operiert und jetzt ist es gut - hoffentlich. Danke dir!

  • #5

    Ulrike (Dienstag, 15 Dezember 2020 09:45)

    Danke für Deine Geschichte, die mich sehr beeindruckt hat1 Ich wünsche Dir weiterhin ganz viel Gesundheit. Und schöne Weihnachtstage!
    LG
    Ulrike

  • #6

    Kind im Gepäck (Samstag, 19 Dezember 2020 22:26)

    Vielen Dank Ulrike!
    Auch Dir ein tolles Weihnachtsfest und alles Gute im neuen Jahr.

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